5. Juni 2025
Von Flugtaxis bis zu Luftschiffen: So sollen Cyclo-Rotoren die Luftfahrt revolutionieren

Ein österreichisches Start-up arbeitet an einem neuartigen Antrieb, der die Luftfahrt revolutionieren soll. Vor wenigen Wochen steuerte es erstmals ein futuristisches Flugautomodell mit seinen sogenannten Cyclo-Rotoren durch die Luft. Letztlich will das Start-up jedoch keine Flugautos und Luftaxis bauen, sondern zum Triebwerkslieferanten für die Luftfahrtbranche werden.
Von Michael Förtsch
Es ist eine ambitionierte Vision. In Zukunft soll der Verkehr auf den Straßen in Städten weniger werden. Stattdessen sollen Flugautos als schnelle Taxis und Transporter durch die Luft sausen. Das versprechen verschiedene Start-ups seit Jahren. Bislang ist es jedoch meistens bei der Vision, einigen Demonstrationsflügen und Ankündigungen wie „Bald startet der Flugtaxi-Betrieb“ geblieben. Ausgenommen China, wo zumindest einige Passagierdrohnen auf wenigen festgelegten Strecken verkehren dürfen. Das liegt teils an regulatorischen, versicherungsrechtlichen und wirtschaftlichen Hürden. Aber auch daran, dass die Technologie doch etwas herausfordernder ist, als die Firmen ursprünglich dachten. Insbesondere die beiden in Deutschland gegründeten Start-ups Lilium und Volocopter sorgten mit ihren selbstbewussten Ankündigungen und anschließenden Pleiten für Schlagzeilen. Ein österreichisches Unternehmen plant daher eine ganz andere Herangehensweise.
„Wir sind weder Lilium noch Volocopter“, betont Marcus Bauer. Der Doktor der Ingenieurwissenschaften ist seit 25 Jahren in der Luftfahrt tätig. Er hat bei Airbus gearbeitet und den Eurofighter sowie den Kampfhubschrauber Tiger mitentwickelt. Außerdem war er am City Airbus beteiligt, hat im Bereich des Metall-3D-Drucks geforscht, „weil das in der Luftfahrt ein großes Thema wurde“, und er war beim Triebwerkshersteller Rolls-Royce angestellt. Seit Ende letzten Jahres ist er Chef des in Linz gegründeten Start-ups CycloTech, das mit einem futuristisch anmutenden Flugauto zuletzt in Medien und sozialen Netzwerken für Aufsehen sorgte. Vor allem, weil es statt typischer Propeller auf schaufelradartige Rotoren setzt. Aber auch, weil es in weniger als einem Jahr entwickelt wurde. Ein wenig komplexer ist die Geschichte allerdings schon, wie Bauer klarstellt.
Denn CycloTech ist kein neues Unternehmen, sondern wurde bereits 2004 unter einem anderen Namen gegründet. „Es gibt uns also schon eine Weile“, sagt Bauer. Alles habe als typische Garagenfirma mit einem Gründer und einer Idee begonnen: den aus der Schifffahrt bekannten Voith-Schneider-Antrieb für die Luftfahrt zu adaptieren, also jene tonnenförmigen Schaufelräder. Diese unterscheiden sich in mehr als nur ihrer Form von den bekannten Rotoren, wie sie bei vielen Multikopter-Konzepten zu finden sind. Ihre quer verlaufenden Blätter lassen sich durch kleine Gelenke dynamisch aufstellen und neigen. „Und da wird es dann spannend“, sagt Marcus Bauer. „Das gibt unseren Cyclo-Rotoren, so nennen wir sie, Fähigkeiten, die sonst keiner hat.“
Kein neues Projekt
Die Cyclo-Rotoren befinden sich mittlerweile in der achten Generation, sagt das Unternehmen. Da sich die in den Rotoren kreisförmig angeordneten Blätter in ihrer Ausrichtung verstellen lassen, könne auch die Schubkraft sehr präzise in verschiedene Richtungen justiert werden. „Wir haben die Möglichkeit, in einem Winkel von 360 Grad Schub zu generieren“, so Bauer. Ein Fluggerät mit diesen Rotoren könne dadurch selbst bei windigem Wetter stabil in der Luft schweben. Dies funktioniere, indem die Schubrichtung der Rotoren schnell und dynamisch justiert und das Vehikel dadurch stabilisiert wird. Es könne sich elegant um die eigene Achse drehen, enge Kurven sauber nehmen und nach links und rechts streifen, ohne Tempo und Schubkraft einzubüßen. Das sei letztlich auch eine Möglichkeit, die Luftfahrt kontrollierbarer und sicherer zu machen.
„Ein Fluggerät, das damit betrieben wird, muss nicht kippen wie ein Hubschrauber oder sich neigen wie ein Flugzeug, wenn es eine Kurve nimmt“, sagt Bauer. „Wir können das einfach über die Rotoren steuern und den Schub gezielt ausrichten.“ Dass die Rotoren und das Konzept funktionieren, hat das derzeit rund 65 Köpfe starke Team mit 30 Nationalitäten, das gerade eine Niederlassung in München aufbaut, schon mehrfach mit Demonstratoren bewiesen. Einer davon hat bereits mehrere Hundert Flüge absolviert.
Seit wenigen Monaten erprobt das Team ein Fluggerät namens Blackbird, das ein hypothetisches Flugauto mit Passagierkabine darstellt. „Da ist viel Technik und Mechanik, aber natürlich auch viel Know-how über Aerodynamik und Regelungstechnik hineingeflossen“, erklärt Bauer. „Wie viel steuern wir aus, wo gehen die Luftverwirbelungen hin, was sind die Einflüsse von den Rotoren untereinander? Das sind Dinge, mit denen man sich da beschäftigen musste.“
Wie Bauer allerdings auch sagt, sei es nicht das Ziel von CycloTech, letztlich selbst ein solches Flugauto zu bauen und zu vermarkten –anders als bei Lilium oder Volocopter. Der Blackbird sei „nur ein gut verständlicher Technologiedemonstrator“, der das Potenzial der Cyclo-Rotoren Technologie für die Luftfahrt verdeutlichen soll. Genau die wolle das Unternehmen „immer weiter verbessern und skalieren“ und dann an Unternehmen vermarkten, die verschiedenste Fluggeräte entwickeln. „Wir sind kein Plattformhersteller, wir sind ein Antriebstechnologiehersteller“, erklärt Bauer. Das ehrgeizige Ziel sei es, „so etwas wie einer der großen Triebwerkshersteller wie Rolls-Royce zu werden“ – das Luftfahrtunternehmen, nicht der Luxusautobauer –, dessen Triebwerke sich in unzähligen Flugzeugen aller möglichen Hersteller finden.
So hofft der CEO, dass sich Cyclo-Rotoren letztlich in Lufttaxis, Flugautos, Drohnen und vielem mehr wiederfinden. Sie sollen nicht die einzige Lösung für die Luftfahrt der Zukunft sein, aber ein wichtiger Baustein, der zu einer Verbesserung und Weiterentwicklung führt – insbesondere bei Sicherheit und Flugkomfort. „Wir behaupten nicht, dass die Zukunft des Fliegens ausschließlich aus Cyclo-Rotoren besteht“, sagt Bauer. „Das wäre einfach falsch.“ Klassische Propeller, Hubschrauberrotoren oder gar der Flügel hätten ihre Berechtigung und seien etablierte effiziente Lösungen. Ein Cyclo-Rotor, vielleicht nur als zusätzliches Bauelement, könne jedoch bei vielen Konzepten aktuelle Probleme beheben oder leichter adressierbar machen. Daher ist CycloTech gerne offen dafür, mit jedem zu reden, der an der Technologie interessiert ist.
Zunächst ein Hilfsantrieb, dann die Revolution?
Bis die elektrischen CycloTech-Antriebe in ersten größeren Fluggeräten integriert werden, wird es allerdings noch etwas Zeit brauchen. Zwar diskutiert das Team bereits verschiedene Möglichkeiten und Partnerschaften, doch „wenn wir in Richtung Personentransport schauen, wird es bestimmt noch bis 2030 oder 2035 dauern“, sagt Bauer. Zuvor könnten jedoch andere Fluggeräte und Systeme mit den Triebwerken ausgestattet und eingesetzt werden, beispielsweise große und kleine Transportdrohnen. Ein mögliches Konzept und Design hierfür hat das Unternehmen bereits mit dem japanischen Kurierdienst Yamato ausgearbeitet.

Die erste konkrete Anwendung soll die Rotoren aber als Hilfs- und Stabilisierungsantriebe finden. Die entsprechenden Exemplare sollen nächstes Jahr offiziell vorgestellt werden. Wenn etwa Helikopter schwere Lasten transportieren, können zwei oder mehrere kleinere Cyclo-Rotoren bei der genauen Positionierung von Kisten oder sperrigen Gütern wie Windkraftblättern unterstützen. Diese sollen dann automatisch bei Schlechtwetter etwa Windstöße und Schwingungen ausgleichen. Das erweitere den Einsatzzeitraum und mache solche Flüge insgesamt deutlich weniger riskant und zudem für den Piloten sorgenfreier. Die Umsetzung dieser Idee soll maßgeblich in der neuen Niederlassung von CycloTech bei München erfolgen.

Zudem arbeitet CycloTech mit dem Start-up Skylifter aus Großbritannien zusammen. Dieses möchte riesige, UFO-artige Luftschiffe fertigen, um schwere Lasten, wie etwa die Flügel von Windkraftanlagen, zu transportieren. „Diese Ballons können bis zu 150 Tonnen heben. Einen Antrieb für den Auftrieb braucht es dafür nicht. Das erledigt das Gas“, sagt Bauer. „Wir können hier einfach die Positionierung in der Position und Rotation übernehmen.“ Das gehe mit den Cyclo-Rotoren auf engem Raum, die ihren Schub sehr genau und kompakt steuern können, deutlich präziser als mit einem Propellerantrieb, wie er seit Jahrzehnten in diesem Bereich verwendet wird. „Das ist vorerst unser direktes Einsatzfeld“, sagt Bauer. Er hofft, dass die Cyclo-Rotoren die Luftfahrt der kommenden Jahrzehnte mitprägen. „Wir arbeiten immer weiter, verfeinern und verbessern“, sagt er. „Da ist wirklich viel Dampf dahinter, um ein weiteres neues Kapitel in der Luftfahrtgeschichte Made in Europe zu schreiben“.

Michael Förtsch
Leitender Redakteur
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Cooler Artikel!

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Klingt vielversprechend, wenn es wegen dem vermutlich höheren Gewicht nicht übermäßig mehr Antriebsenergie braucht. Das system wirkt relativ geschlossen, wodurch der Luftstrom gut lenkbar scheint. Ich bin dafür