9. November 2025
Pilotprojekt auf der A6: Ergibt es Sinn, E-Autos während der Fahrt auf der Autobahn aufzuladen?

In Deutschland wird derzeit auf einem Autobahnteilstück eine Technologie erprobt, mit der Elektroautos während der Fahrt mit Strom versorgt werden können. Das klingt zwar gut, doch die Methodik ist bereits als wenig effizient und sehr teuer bekannt. Auch die Alternativen dazu diese zeigten sich bisher zumindest wirtschaftlich als wenig attraktiv.
Von Michael Förtsch
Die Zahl der Elektroautos auf den Straßen steigt. Dennoch zögern viele Menschen, sich einen E-PKW zuzulegen. Der größte Vorbehalt ist trotz immer besserer Batterien die angeblich mangelnde Reichweite. Viele Menschen fürchten, mit einer leeren Batterie im Urlaub oder auf dem Weg zur Arbeit liegen zu bleiben. Dabei handelt es sich vor allem um ein psychologisches Phänomen, aber auch um ein Symptom eines durchaus realen Problems. Das besteht weniger in der vermeintlich mangelhaften Reichweite der Fahrzeuge als in der Ladeinfrastruktur und der Art und Weise, wie Elektroautos geladen werden. Denn Ladesäulen sind vielerorts immer noch eine Seltenheit und ein freier Ladeplatz eine Glückssache. Hinzu kommt, dass das Laden nicht wie das Auftanken an der Zapfsäule binnen weniger Minuten erledigt ist, sondern durchaus 30 Minuten bis mehrere Stunden dauern kann.
Eine mögliche Lösung, die zunächst logisch erscheint, wird seit Ende Oktober auf einem Teilstück der A6 bei Amberg in der Oberpfalz in Ostbayern erprobt. Auf einem Abschnitt der Autobahn zwischen den Anschlussstellen Amberg-West und Sulzbach-Rosenberg können sich entsprechend ausgerüstete Autos während der Fahrt einfach aufladen. Dazu wurden auf einer Strecke von über einem Kilometer flache Kupferspulen in den Asphalt der Fahrbahn eingelassen, die ohnehin erneuert werden musste. Das Konzept ist dabei nicht anders als bei modernen Smartphones mit Wireless-Charging-Funktion, die auf eine Ladestation gestellt oder auf eine Ladematte gelegt werden. Es basiert auf Induktion.
Die in die Fahrbahn eingelassenen Kupferspulen können mit Wechselstrom gespeist werden. Dadurch entsteht ein sich ständig veränderndes Magnetfeld. Fährt ein entsprechend ausgestattetes Auto über den Streckenabschnitt, werden die Spulen aktiviert. Der Wagen verfügt ebenfalls über eine Spule, die in dessen Unterbau integriert ist und die sich theoretisch bei fast jedem E-Auto nachrüsten ließe. Wenn diese in das Magnetfeld der Straßenspulen gelangt, wird durch dessen sich ständig ändernde Stärke und Ausrichtung in der Fahrzeugspule eine elektrische Spannung erzeugt. Dieser Strom kann dann zum Laden der internen Batterie des Wagens genutzt werden. Bei entsprechend eng getakteten Lade-Fahrbahnen könnte das ausreichen, um Ladepausen selbst bei langen Strecken zu vermeiden. In der Theorie.
Gut gemeint, aber nicht sinnig
Hinter dem EM Power genannten Forschungsprojekt steht die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg – kurz FAU. Die arbeitet dafür unter anderem mit dem Nürnberger Start-up Seamless Energy Technologies zusammen, das wiederum mit der deutschen Niederlassung des israelischen E-Ladetechnikunternehmens Electreon kooperiert. Electreon hat bereits Induktionsladesysteme zum Laden von Elektrobussen und Lieferfahrzeugen an Bushaltestellen, Ladebuchten und Parkplätzen entwickelt und verbaut. Das gesamte Projekt wird vom Bundeswirtschaftsministerium und der bundeseigenen Autobahn GmbH gefördert. Laut Florian Risch von der FAU hat die Technologie das Potenzial, „Reichweitenangst zu überwinden“ und die Notwendigkeit von „Batterieimporten zu verringern“, da immer größere Batteriepakete in den Autos nicht mehr nötig wären.
Bei EM Power geht es derzeit vor allem darum, die Integration der Spulen und anderer Bauelemente in die Fahrbahn zu erproben. Dabei wird unter anderem untersucht, ob diese durch die Asphaltschicht gut genug geschützt sind und wie groß der räumliche Toleranzbereich ist, in dem ein zuverlässiger Ladevorgang stattfinden kann. Außerdem soll die Effizienz der Technologie getestet werden. Denn das Laden mittels Induktion gilt als weniger effizient und langsamer. Im Vergleich mit einem kabelgebundenen Ladevorgang kommen nur zwischen 85 und 95 Prozent des eigensetzten Stroms in der Batterie an – bei fester Position.
Beim sogenannten dynamischen induktiven Laden, wie es von EM Power erprobt wird, sinkt der Wirkungsgrad noch weiter. Je nach Geschwindigkeit, Spulenabstand und Stärke des elektromagnetischen Feldes landen teils nur 70 bis 85 Prozent der Energie im Fahrzeug. Versuche, die ähnlich wie bei EM Power durchgeführt wurden, beispielsweise in Korea, wo mehrere Buslinien mit induktivem Laden erprobt wurden, und in Israel, zeigten jedoch, dass sich diese Verluste durch eine Optimierung der Spulensteuerung und Ausrichtung der elektromagnetischen Felder sowie durch eine gleichmäßige Fahrgeschwindigkeit um mehrere Prozentpunkte reduzieren lassen. Dennoch bleiben die Werte messbar unter dem induktiven Laden im Stand. Derartige Übertragungsverluste dürften bei einem Ladevorgang eines einzelnen Fahrzeugs weniger merklich sein, bei potenziell Tausenden von Fahrzeugen könnten sie jedoch ins Gewicht fallen.
Eine unwirtschaftliche Technologie
Tatsächlich soll es auf der Teststrecke auf der A6 laut Electreon Germany zu einem durchaus sichtbaren Übertragungsverlust kommen. Geladen werde mit niedrigen 25 Kilowatt, von denen 20 bis 21 Kilowatt bei den Fahrzeugen ankämen, so Electreon Germany – also 80 bis 84 Prozent. Dabei würden die Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde fahren. Das wäre bei weitem nicht genug Strom, um Ladepausen zu vermeiden.
Höhere Übertragungsraten sind aber durchaus möglich. Im Rahmen des Projekts Smartroad Gotland in Schweden wurden 100 Kilowatt an einen LKW mit einer Geschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde gesendet. Ähnliches gilt für das On-Line-Electric-Vehicle-System des Korea Advanced Institute of Science and Technology aus Korea. Und im Rahmen des Projekts Charge as you Drive auf der A10 bei Paris können sogar 200 bis 300 Kilowatt an Fahrzeuge gesendet werden. Trotz des Übertragungsverlusts ist das durchaus genug, um die Fahrt ohne Ladepause zu verlängern.
Doch auch das ist, verglichen mit den Ladekapazitäten und der Effizienz beim Laden im Stand, für viele nicht überzeugend. Während Kritiker das induktive Laden auf Parkplätzen oder Haltestellen als gute Alternative zum Kabel sehen, betrachten sie das dynamische induktive Laden daher als verschwenderischen Irrweg. Dazu kommt: Die Infrastruktur ist extrem aufwendig und kostspielig. Denn pro Ladekilometer müssen ein bis zwei Tonnen Kupfer unter den Asphalt gebracht werden, die mindestens alle zehn bis 15 Jahre gewartet werden müssen. Die Teststrecke bei Amberg soll daher zwei Millionen Euro gekostet haben.
Vielleicht doch eher die Ladesäule?
Das dynamische induktive Laden ist nicht die einzige Möglichkeit, Fahrzeuge während der Fahrt mit Strom zu versorgen. Zumindest für LKWs wird seit Jahren immer wieder die Option erwogen, diese wie S-Bahnen über Oberleitungen zu speisen. Denn sowohl die Nachrüstung von Lastwagen mit den Abnehmern als auch die Installation der Leitungen auf viel befahrenen Strecken seien vergleichsweise einfach. Auf Teststrecken in Deutschland wurde dieses Konzept bereits erprobt. Rein technisch erwies es sich als machbar, in der Umsetzung und im Betrieb jedoch als nicht gerade praktikabel. Mehrere Studien hegten Zweifel an der Wirtschaftlichkeit und der Belastbarkeit der Infrastruktur. So sorgte beispielsweise auf einer deutschen Strecke bereits aufgewirbeltes Streusalz im Winter für Ausfälle der Leitungen und Eis für Probleme mit den Aus- und Einfahrsystemen der Stromabnehmer.
In Hessen wurde ein Pilotprojekt mit der Abschaltung der Oberleitungen Anfang 2025 eingestellt und in Baden-Württemberg eine weitere Teststrecke in diesem Jahr über mehrere Monate abgebaut. Auch wenn die Verantwortlichen nicht von einem Flop sprechen wollen, wird eine Fortsetzung vorerst ausgeschlossen.
Ein weiteres Konzept wirkt wie eine Kombination aus Oberleitungen und dem „Strom aus der Straße“-Gedanken. Das schwedische Start-up Elonroad entwickelt die Möglichkeit, flache Schienen in Fahrbahnen zu integrieren. Von diesen kann mit einem vom Boden des Fahrzeugs abgelassenen Stromabnehmer geladen werden – fast wie bei den Spielzeugautos einer Carrera-Bahn. Derzeit sollen sich damit bis zu 300 Kilowatt übertragen lassen, wobei nur ein Übertragungsverlust von drei Prozent entsteht. Das Konzept wird in Schweden bereits erprobt – in Logistikzentren, Hafenanlagen, und bis vor mehreren Monaten auch auf einer öffentlichen Straße.
Mit der sogenannten Evolution Road wurde ein Teilstück einer Straße bei Lund mit den Schienen ausgestattet und mit umgerüsteten Fahrzeugen befahren. Das Projekt lief von 2019 bis 2024 und ergab, dass die Technologie vielversprechend, für das Laden während des Fahrens tauglich und sicher ist – und vielfältig für Busse, PKW und LKW genutzt werden könnte. Allerdings stellte die schwedische Verkehrsbehörde Trafikverket auch fest, dass die Infrastrukturkosten über dem liegen, was ursprünglich angenommen wurde. Zwei-Spur-Kilometer würden zwischen 3,5 und fünf Millionen Euro kosten. Ein Betrag, der für die Nachrüstung eines nationalen oder gar EU-weiten Straßennetzes immens und kaum finanzierbar erscheint. Daher bleibt es wohl vorerst bei stationären Ladepunkten und Pausen, wenn es mit dem E-Auto auf allzu lange Fahrten geht.
Foto: FAU/Harald Sippel

Michael Förtsch
Leitender Redakteur
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